Vorbemerkung: Dieser Text ist die \bersetzung eines vom JPL
2. Wozu dienen Vorbeiflugmanöver?
3. Energieversorgung der Raumsonde Cassini
Energiequellen bei den Missionen Rosetta und assini/Huygens
Vorbemerkung: Dieser Text ist die Übersetzung eines vom JPL
1. Fragen zur Gesamtmission
Warum ist die Wahrscheinlichkeit eines unbeabsichtigten Wiedereintritts in die Erdatmosphäre beim Vorbeiflug an der Erde so gering?
Die Mission Cassini wurde so konzipiert, daß ein Unfall beim Vorbeiflug an der Erde ausgeschlossen ist. Der Missionsplan enthält die Vorgabe, daß die ahrscheinlichkeit eines solchen Unfalls geringer als 1 : 1 000 000 sein muß. Das Jet Propulsion Laboratory (JPL) in Kalifornien hat eine gründliche Analyse durchgeführt, für die Informationen über menschliches Versagen und historische JPL-Daten über Raumfahrzeuge herangezogen wurden, um die Wahrscheinlichkeit eines unbeabsichtigten Wiedereintritts in die Erdatmosphäre zu bestimmen. Die Analyse bestätigte, daß diese Wahrscheinlichkeit geringer als 1 : 1 000 000 ist. Dieses Ergebnis mag auf den ersten Blick überraschend sein, da es schwierig ist zu beweisen, daß die Versagerquote eines Systems, insbesondere eines Raumfahrzeugs, so gering sein kann. Es beruht jedoch auf zwei Faktoren:
Erstens ist die Flugbahn der Cassini-Sonde die meiste Zeit weit von der Erde entfernt. Bis zu 50 Tage vor dem Vorbeiflug an der Erde ist die Wahrscheinlichkeit, daß Cassini auf der Erde aufschlägt, - unabhängig davon, welches System der Sonde ausfällt - sehr viel niedriger als 1 : 1 000 000. (Dies liegt vor allem an der Weite des Weltraums, der Winzigkeit der Erde als Ziel und der geringen Wahrscheinlichkeit, daß ein wichtiges System der Sonde ausfällt oder ihre Flugbahn durch den Einschlag eines Mikrometeoroiden abgelenkt wird.)
Zweitens hat das JPL bei der Planung der Bahn für den Vorbeiflug an der Erde einen bewußten Zielfehler von 5000 km vorgesehen. Das bedeutet, daß die Flugbahn der Sonde beim Anflug auf die Erde bis auf die letzten 7 Tage mindestens 5000 km über der geplanten Vorbeiflughöhe liegt. In den letzten 10 Tagen wird die Bahnhöhe vorsichtig der geplanten Vorbeiflugentfernung angenähert. Die Navigationsgenauigkeit der NASA-Sonden ist besser als 20 km. Aufgrund der Anflugsstrategie, der redundanten Auslegung der Sonde, der eingebauten Fehlersuch- und -korrektursysteme und der Möglichkeit, insbesondere während der kurzen Zeit, in der eine Panne zum Aufschlagen auf der Erde führen könnte, Befehle an die Sonde zu senden, ist die Wahrscheinlichkeit eines solchen Unfalls äußerst gering.
Außerdem werden die Analysen ständig verfeinert und Anpassungen an der Bordsoftware vorgenommen, um sicherzustellen, daß die Vorgaben nicht überschritten werden.
Wie groß ist das Risiko bei einem Unfall?
Würde eine einzelne Sondenpanne oder eine kleine Fehlzündung der Triebwerke zu einem Wiedereintritt in die Erdatmosphäre führen?
Nein. Die Wahrscheinlichkeit eines unbeabsichtigten Wiedereintritts in die Erd-atmosphäre ist äußerst gering - weniger als 1 : 1 000 000 -, selbst wenn ein System der Sonde ausfällt oder die Triebwerke nicht richtig zünden.
- Unfall beim Vorbeiflug ist nur denkbar, wenn eine extrem unwahrscheinliche Folge von Ereignissen und Systemausfällen eintritt.
- große Mehrheit aller möglichen Systemausfälle würde die Flugbahn der Sonde nicht ändern.
- ein System der Sonde ausfällt oder sie von einem Mikrometeoroiden getroffen wird, müßte dadurch genau die richtige Geschwindigkeitsänderung und Ablenkung bewirkt werden, damit sie auf Kollisionskurs geht.
- Flugbahn ist nie direkt auf die Erde gerichtet. Nur ein äußerst geringer Bruchteil aller Mikrometeoroideneinschläge oder Systemausfälle, die die Flugbahn der Sonde beeinflussen könnten, würde die Sonde auf Kollisionskurs bringen.
- es zu einem Systemausfall kommen, so müßte er außerdem so schwerwiegend sein, daß weder die automatischen Bordsysteme noch ihre Reservesysteme noch die Flugkontrollteams Korrekturmaßnahmen ergreifen könnten, um die Flugbahn der Sonde zu ändern.
Hat die NASA die Anzahl potentieller Krebstoter durch einen hypothetischen Cassini-Unfall unterschätzt?
Nein. Die bei den Analysen verwendeten Methoden entsprechen den Verfahren, die von unabhängigen nationalen und internationalen Strahlenschutzorganisationen wie der Internationalen Kommission für Strahlenschutz gebilligt wurden.
Welche Auswirkungen hätte es auf die Meeresfauna und -flora, wenn ein Thermoelektrischer Radioisotopengenerator (RTG) ins Meer fällt? Könnte durch Zerbrechen eines RTGs im Meer die umgebende Fauna und Flora zerstört werden?
- bei denen Plutoniumdioxidtabletten (PuO2) drei Jahre lang direkt dem Meerwasser ausgesetzt waren, haben eine sehr geringe Löslichkeit gezeigt. Das gelöste PuO2 würde zum großen Teil abgeschieden und in gesättigten Sedimenten gebunden, so daß sich nur geringe Mengen in der Meeresfauna ablagern würden. Das PuO2 würde sich vor allem in kleinen Meerestieren wiederfinden, die Sedimente mit der Nahrung aufnehmen. Studien haben jedoch gezeigt, daß die Empfindlichkeit für Strahlenschäden in den unteren trophischen Stufen der Nahrungskette geringer ist, was teilweise auf die kürzere durchschnittliche Lebensdauer dieser Tiere zurückzuführen ist.
- unbeschädigte Brennstoffbehälter oder Graphitcontainer ins Meer fallen, sind sie in kurzer Zeit mit mineralischen Ablagerungen aus dem Wasser überzogen, wodurch weitere Korrosion und anschließende Freisetzung von PuO2 im Meer verhindert wird.
Warum kann Cassini nicht Solarenergie nutzen?
Zur Erforschung des Saturn, seiner Ringe, Monde und Magnetosphäre über einen Zeitraum von vier Jahren werden zwölf Instrumente benötigt, um die vom NASA-Ausschuß zur Erforschung des Sonnensystems gesetzten wissenschaftlichen Ziele der Mission Cassini zu erreichen. Dies führt zu einem Energiebedarf der Sonde und ihrer Instrumente von 600-700 Watt Leistung im fernen Weltraum. Diese Leistung muß zuverlässig über einen Zeitraum von zwölf Jahren aus einer Entfernung erbracht werden, die neunmal größer ist als der Abstand der Erde von der Sonne, wobei die Energiequelle klein und leicht genug sein muß, um von der Erde aus für einen Flug zum Saturn starten zu können.
Das Jet Propulsion Laboratory der NASA hat eine umfangreiche Analyse der verfügbaren Systeme zur Erzeugung elektrischer Leistung einschließlich vieler verschiedener Solarzellen, Batterien und langlebiger Brennstoffzellen sowie Hybridsysteme durchgeführt, um die geeignetste Energiequelle für die Cassini-Mission zu finden. Bei Verwendung der wirksamsten Solarzellen, die zur Zeit verfügbar sind (einschließlich der bei der ESA in Entwicklung befindlichen Hochleistungs-sonnenzellen), würde die Cassini-Sonde zu schwer für einen Start zu Saturn. Die Sonnenzellenausleger wären größer als zwei Tennisplätze. Daher sind RTGs das einzige technisch machbare Energieversorgungssystem für die Mission Cassini. Weitere informationen zur offiziellen Position der ESA finden Sie hier : "Energiequellen bei den Missionen Rosetta und Cassini/Huygens".
Warum braucht Cassini Plutonium?
Seit den fünfziger Jahren sind fast alle natürlichen und vom Menschen geschaffenen Radioisotope untersucht worden, um festzustellen, welche sich als Wärmequelle für den thermoelektrischen Antrieb (z.B. für Thermoelektrische Radioisotopengeneratoren - RTGs) eignen.
Für unsere Zwecke muß das Isotop folgende Eigenschaften haben:
- muß eine lange Halbwertszeit (15 bis 100 Jahre) haben, so daß es genug Wärme erzeugt, die viele Jahre lang von thermoelektrischen Festkörper-Energiewandlern in Strom umgewandelt werden kann.
- muß eine hohe Energiedichte haben, so daß eine kleine Menge (d.h. eine
- Masse) viel Wärme erzeugen kann.
- muß hohen Temperaturen standhalten, so daß seine Merkmale über viele Jahre im wesentlichen unverändert bleiben.
- Neutronen- und/oder Gammastrahlen-Emissionen müssen relativ gering sein, um die Instrumente der Sonde nicht zu beeinträchtigen (was eine übermäßige Abschirmung erforderlich machen würde).
Das einzige Isotop (von über 1400 untersuchten), das diese Kriterien erfüllt, ist Plutonium-238. Ein RTG ist mit etwa 10,9 kg Plutoniumdioxid (ein keramischer Stoff, der hauptsächlich aus dem Isotop Plutonium-238 besteht) gefüllt und kann anfangs rund 280 Watt elektrischer Leistung und nach 10 Jahren immer noch etwa 230 Watt erzeugen. Um die vom Cassini-Orbiter benötigten 400 Watt zu erzeugen, sind zwei RTGs erforderlich. Ein dritter RTG wird für besondere Manöver (z.B. die Einbringung in die Umlaufbahn um Saturn) und für den Betrieb der wissenschaftlichen Instrumente (z.B. des Titan-Radars) benötigt.
Manche behaupten, daß für Cassini statt der RTGs die in Italien gefertigten Hochleistungssonnenzellen der Europäischen Welt-raumorganisation eingesetzt werden könnten. Was sagen Sie dazu?
- ist falsch.
- Jet Propulsion Laboratory der NASA hat eine umfangreiche Analyse der verfügbaren Systeme zur Erzeugung elektrischer Leistung einschließlich vieler verschiedener Solarzellen, Batterien und langlebiger Brennstoffzellen sowie Hybridsysteme durchgeführt, um die geeignetste Energiequelle für die Cassini-Mission zu finden.
- JPL-Studie zeigt, daß die Cassini-Sonde bei Verwendung der wirksamsten Solarzellen, die zur Zeit verfügbar sind (einschließlich der bei der ESA in Entwicklung befindlichen Hochleistungssonnenzellen), zu schwer für einen Start zu Saturn würde. Die Sonnenzellen hätten eine Größe von über 500 m2, d.h. von mehr als zwei Tennisplätzen. Jeder der beiden benötigden wäre etwa 9 m breit und 32 m lang.
- Forscher, die die Sonnenzellen der ESA entwickelt haben, haben die JPL-Studie geprüft und sind zu dem Schluß gekommen, daß ,,auch die modernsten Sonnenzellen (einschließlich der von der ESA entwickelten) keine technisch machbare alternative Energiequelle für die Cassini-Mission, wie die NASA sie plant, darstellen". Weitere informationen zur offiziellen Position der ESA finden Sie hier: "Energiequellen bei den Missionen Rosetta und Cassini/Huygens".
Warum benutzt die NASA Methoden der Wahrscheinlichkeits-rechnung zur Risikoabschätzung?
- Rogers-Ausschuß, der den Challenger-Unfall untersuchte, und derNationale Forschungsrat empfahlen der NASA, quantitative Risiko-bewertungsmethoden zu verwenden, um die mit dem Einsatz echnischer Systeme verbundenen Risiken zu ermitteln. Durch die Anwendung solcher Methoden können die Sicherheit und Zuverlässigkeit der Systeme verbessert werden, da sie aufzeigen, von welchen Teilen eines Systems Gefahren ausgehen. Die Ingenieure und Verantwortlichen der NASA nutzen diese Informationen bei der Entscheidung, ob Änderungen am System oder der Mission vorgenommen werden müssen.
- von der NASA durchgeführten quantitativen Bewertungen umfassen viel mehr als die klassischen Fehlerbaumanalysen, die früher bei der Bewertung der Risikowahrscheinlichkeit verwendet wurden. Die Methoden der NASA beruhen auf Träger- sowie Raumfahrzeugdaten sowie auf Testergebnissen und ermög-lichen somit eine realistische Abschätzung der Risiken. Außerdem liefern sie ein Maß für die damit verbundene Unsicherheit. Die Ent-scheidungsträger verfügen somit nicht nur über eine gute Risikoabschätzung, sondern wissen auch, wie zuverlässig diese ist.
2. Wozu dienen Vorbeiflugmanöver?
Interplanetare Weltraummissionen können nur zu bestimmten Zeiten gestartet werden. Diese Zeiträume werden ,,Startfenster" genannt. Sie hängen von der Stellung der Erde und der Zielplaneten zueinander und der Schubkraft der verfügbaren Trägerraketen ab. Die erste Möglichkeit eines Starts von Cassini mit einem Titan-IV/Cetaur-Träger bot sich im Oktober 1997. Das Cassini-Raumfahr-zeug (d.h. der Orbiter und die Huygens-Tochtersonde) wurde hierbei auf eine Flugbahn gebracht, die es zunächst zweimal an Venus und einmal an der Erde vorbeiführt und schließlich das Schwerefeld des Riesenplaneten Jupiter für die Beschleunigung auf die Endbahn zu Saturn nutzt (siehe Abbildung 1).
Dieser Umweg ist erforderlich, weil eine direkte Flugbahn von der Erde zu Saturn für die Cassini-Mission nicht möglich ist. Die heutigen Trägerraketen liefern nicht genug Schub, um das Raumfahrzeug direkt zu seinem Ziel zu katapultieren.
Beim Vorbeiflug eines Raumfahrzeugs an einem Planeten ändern sich seine Geschwindigkeit und Flugrichtung durch den Einfluß des Schwerefelds des Planeten. Das Raumfahrzeug holt also im Schwerefeld des Planeten Schwung. Somit kann der Energiebedarf für den Start verringert und das Raumfahrzeug mit den bestehenden technologischen Ressourcen - in diesem Fall eine Titan-IV/ Centaur-Trägerrakete - gestartet werden.
Nach seiner Ankunft bei Saturn wird Cassini über einen Zeitraum von vier Jahren umfangreiche Beobachtungen und Messungen vornehmen, um die wissen-schaftlichen Ziele der Mission zu erfüllen.
Bisherige Erfahrungen mit Vorbeiflugmanövern
Vorbeiflug- oder besser Vorbeischwingmanöver stellen einen wesentlichen Fortschritt dar und haben die Erforschung unseres Sonnensystems erst ermöglicht. Ein Vorbeischwingmanöver wurde zum ersten Mal bei der 1973 gestarteten Sonde Marine 10 durchgeführt, die auf dem Weg zu Merkur an Venus vorbeiflog. Seitdem werden Vorbeischwingmanöver erfolgreich bei vielen planetaren Missionen genutzt, so von Pioneer 11 auf dem Weg zu Saturn, von Voyager 1 und 2 zu den äußeren Planeten, von Galileo zu Jupiter und von Ulysses zur Sonne.
Am spektakulärsten waren wohl die drei Vorbeiflüge der Raumsonde Voyager 2 (anJupiter, Saturn und Uranus) auf ihrer Reise zu Neptun im August 1989. Nach dem Erreichen von Neptun führte Voyager 2 ein Vorbeischwingmanöver an diesem Planeten aus, um sich den nötigen Schwung zu holen und die Flugrichtung so zu verändern, daß sie das Sonnensystem endgültig verlassen konnte. Für die Berechnung der an Neptun vorbeiführenden Flugbahn mußten die Masse des Planeten und seine Entfernung von der Erde genau geschätzt werden. Das Manöver verlief einwandfrei, und Voyager ist nun auf der Suche nach der Heliopause, der Grenze zwischen der Heliosphäre und dem interstellaren Raum.
Vor kurzem flog die weitaus größere Sonde Galileo einmal an Venus und zweimal an der Erde vorbei, um sich genügend Energie für die Reise zu Jupiter zu holen. Im Gegensatz zum Vorbeiflug von Voyager an Neptun, bei dem Position und Masse des Planeten geschätzt werden mußten, konnten die Vorbeiflüge von Galileo an der Erde weitaus genauer geplant werden, da die Position und Masse der Erde bekannt sind. Beim ersten Vorbeiflug an der Erde im Dezember 1990 wich Galileo nur 8 km von seinem Zielpunkt 1000 km über der Erde ab. Bei seinem zweiten Vorbeiflug im Dezember 1992 wurde der angestrebte Abstand zur Erde von 300 km auf 2 km genau eingehalten.
Möglichkeit eines unbeabsichtigten Wiedereintritts in die Erdatmosphäre
Die Cassini-Mission und die Raumsonde wurden so konzipiert, daß die Gefahr einesunbeabsichtigten Wiedereintritts in die Erdatmosphäre beim Vorbeischwingmanöver 1 : 1 000 000 beträgt. Das Jet Propulsion Laboratory der NASA führte eine eingehende Untersuchung durch, um die Wahrscheinlichkeit eines solchen Unfalls abzuschätzen und entsprechende Strategien und Maßnahmen zur Verhinderung eines derartigen Ereignisses zu entwickeln. Hierzu gehört die Anbringung eines zusätzlichen Schutzschilds gegen Mikrometeoroiden am Raumfahrzeug sowie die Erhöhung der Vorbeiflughöhe über der Erde von ursprüng-lichen 500 km auf mindestens 800 km. Aufgrund des Starts am 15. Oktober 1997 wird die tatsächliche Entfernung beim Vorbeiflug 1 173 km betragen.
Die Flugbahn der Sonde wurde so bestimmt, daß sie keinesfalls in die Erdatmosphäre eintauchen kann. Beim gesamten Anflug bis auf die letzten sieben Tage wird ein Sicherheitsabstand von mindestens 5 000 km eingehalten. Die Gefhr eines Wiedereintritts in die Erdatmosphäre würde sich nur stellen, wenn eine extrem unwahrscheinliche Verkettung von Ereignissen und Systemausfällen auftreten würde. Die weitaus größte Zahl potentieller Systemausfälle hat keinen Einfluß auf die Flugbahn der Sonde. Die Sonde könnte nur auf Kollisionskurs geraten, wenn ein Systemausfall ihr eine Geschwindigkeitsänderung von genau der richtigen Größe und Richtung verleiht. Aus diesem Grund ist es äußerst unwahrscheinlich, daß eine Fehlzündung der Triebwerke von Cassini einen unbeabsichtigten Wiedereintritt in die Erdatmosphäre zur Folge hätte. Zu bedenken ist außerdem, daß eine Reihe von Manövern erfolgreich durchgeführt werden muß, damit die Sonde der Erde überhaupt auf einige Zehntausend Kilometer nahekommt. Durch ein sieben Tage vor dem Vorbeiflug durchgeführtes Kursmanöver wird sichergestellt, daß die Sonde in der vorgeschriebenen Entfernung an der Erde vorbeifliegt, um sich in deren Schwerefeld den benötigten Schwung zu holen.
Zusammenfassung
Der Vorbeiflug von Cassini an der Erde ist nur eines von vielen erfolgreich durchgeführten Vorbeischwingmanövern in der langen und einzigartigen Geschichte der Raumfahrt. Das Risiko eines Wiedereintritts in die Erdatmosphäre liegt bei weniger als 1 : 1 000 000.
3. Energieversorgung der Raumsonde Cassini
Thermoelektrische Radioisotopengeneratoren (RTGs), die Energiequelle für die Raumsonde Cassini, wurden bereits bei anderen, sehr erfolgreichen US-Weltraum-missionen eingesetzt, so bei den Mondlandungen mit Apollo und bei den Viking-Landesonden, die nach Leben auf dem Mars suchen sollten. RTGs machten die erfolgreichen Erkundungen von Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun mit den Voyager-Sonden der NASA sowie die Pioneer-Missionen zu Jupiter und Saturn erst möglich. RTG-Energiequellen erweisen sich auch jetzt bei der Galileo-Mission zu Jupiter und der internationalen Ulysses-Mission zur Erforschung der Sonnenpole als unerläßlich.
Umfangreiche Studien des Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA haben gezeigt,daß bei der Cassini-Mission wegen ihrer wissenschaftlichen Zielsetzung, des verwendeten Startsystems, der Flugzeit bis zu ihrem Ziel und der extremen Entfernung von Saturn zur Sonne der Einsatz von RTGs unvermeidbar ist.
Was sind RTGs?
RTGs sind extrem leichte, kompakte und äußerst zuverlässige Energiequellen für Raumfahrzeuge. RTGs sind keine Kern-reaktoren und besitzen keine beweglichen eile. Sie nutzen weder Kernspaltungs- noch Kernfusionsprozesse zur Strom-erzeugung, sondern liefern Energie durch den natürlichen radioaktiven Zerfall von Plutonium (meist Pu-238, ein nicht waffentaugliches Isotop). Die beim natürlichen Zerfall erzeugte Wärme wird von thermoelektrischen Energiewandlern in Strom umgewandelt.
Sicherheitsvorkehrungen
Bei den in den letzten drei Jahrzehnten mit RTGs durchgeführten US-Missionen hat sich diese Technik als äußerst sicher erwiesen. Während RTGs auf keiner dieser Missionen einen Systemausfall verursacht haben, traten bei drei Missionen Störungen aus anderen Gründen auf. In allen Fällen funktionierten die RTGs einwandfrei.
Mehr als 30 Jahre wurden in die Entwicklung, die Sicherheitsanalyse und die Erprobung von RTGs investiert. Die Konstruktion von RTGs schließt eine Reihe von Sicherheitsvorkehrungen ein, und ihre umfangreiche Erprobung hat gezeigt, daß sie weit höheren Belastungen standhalten, als bei den meisten Unfällen auftreten können.
Erstens wird Plutoniumdioxid in seiner hitzebeständigen, keramischen Form verwendet, was die Gefahr des Verdampfens bei einem Brand oder beim Aufheizen während eines Wiedereintritts herabsetzt. Dieser keramische Brennstoff ist extrem unlöslich, weist ein geringes chemisches Reaktionsvermögen auf und zerbricht bei Beschädigung in größere Brocken, die nicht eingeatmet werden können. Diese Eigenschaften mindern die potentiellen Gesundheitsrisiken bei Unfällen, wo es zur Freisetzung dieses Brennstoffs kommen könnte.
Zweitens besteht dieser Brennstoff aus 18 kleinen, unabhängigen Segmenten, jedes mit eigenem Hitzeschild und Aufprallschutz. Dieser Aufbau vermindert bei einem Unfall das Risiko eines Brennstoffaustritts, da nicht alle Segmente gleich in Mitleidenschaft gezogen würden.
Drittens ummanteln mehrschichtige Schutzhüllen, darunter Iridiumkapseln und hochfeste Graphitblöcke, den Brennstoff, um seine Freisetzung bei einem Unfall zu verhindern. Iridium ist ein Metall mit einem sehr hohen Schmelzpunkt, hoher Festigkeit und Korrosionsbeständigkeit und ist chemisch mit Plutoniumdioxid kompatibel. Aufgrund dieser Eigenschaften eignet sich Iridium für den Schutz und die Ummantelung der Brennstoffsegmente. Graphit wird aufgrund seines extrem niedrigen Gewichts und seiner hohen Hitzebeständigkeit verwendet.
Potentielle RTG-Unfälle werden manchmal fälschlicherweise mit Unfällen in Atomkraftwerken gleichgesetzt. Es ist vollkommen falsch, einen RTG-Unfall mit Tschernobyl oder irgendeinem anderen atomaren Unfall, bei dem Kern-spaltungsprozesse ablaufen, zu vergleichen. RTGs nutzen weder Spaltungs- noch Fusionsprozesse und könnten nie wie eine Atombombe explodieren. Bei einem Unfall mit RTGs würde auch nie die akute Strahlungskrankheit auftreten, wie dies bei atomaren Explosionen der Fall ist.
Vor dem Start einer Raumsonde der NASA mit RTGs an Bord werden stets äußerst sorgfältige Sicherheitsüberprüfungen durchgeführt und zahlreiche Vorsichts-maßnahmen zur Minderung der Risiken getroffen. Zusätzlich zu den internen Sicherheitsanforderungen und -prüfungen werden Missionen, bei denen Kern-material mitgeführt wird, einer umfangreichen Sicherheitsüberprüfung anhand ein-gehender Tests und Analysen unterzogen. Außerdem fand im Rahmen des Start-genehmigungsverfahrens eine unabhängige Sicherheitsüberprüfung der Cassini-Mission durch eine Kommission für nukleare Sicherheit (INSRP) statt, der Sachverständige aus Regierung, Industrie und Wissenschaft angehören.
Nicht-nukleare Alternativen zu RTGs
Untersuchungen der NASA zufolge ist es selbst bei Verwendung der derzeit modernsten und leistungsstärksten Sonnenzellen für Solargeneratoren, wie sie von der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) entwickelt wurden, nicht möglich, die Cassini-Mission mit Sonnenenergie durchzuführen. Grund hierfür ist, daß zur Deckung des Strombedarfs von Cassini die Ausleger so groß sein müßten, daß die Raumsonde insgesamt für einen Start zu schwer würde.
Der Vorbeiflug von Cassini an der Erde
Durch Vorbeiführung eines Raumfahrzeugs in der Nähe eines Planeten oder Mondes ist es möglich, das Schwerefeld des Himmelsobjekts zur Beschleunigung und Umlenkung auf die Zielbahn zu nutzen. Dieses ,,Vorbeischwingen" ist heute eine übliche Methode, um schwere, instrumentenbeladene Raumfahrzeuge zu den äußeren Planeten zu fliegen. Cassini nutzt diese Technik beim zweimaligen Vorbeiflug an Venus, danach an der Erde und Jupiter, um sein endgültiges Ziel, Saturn, zu erreichen.
Der Vorbeiflug an der Erde wurde so konzipiert, daß die Wahrscheinlichkeit eines Wiedereintritts in die Erdatmosphäre während des Manövers extrem niedrig, d.h. weniger als 1 : 1 000 000, ist. Die Planetensonden der NASA haben zahlreiche ähnliche Manöver mit extremer Genauigkeit ausgeführt. Die redundante Konstruktion der Cassini-Sonde und ihre Navigationsgenauigkeit stellen sicher, daß die geplante Vorbeiflugentfernung zur Erde von rund 1 173 km auf 3 bis 5 km genau eingehalten wird. Die Raumsonde Galileo der NASA erreichte bei ihren Vorbeiflügen an der Erde in den Jahren 1990 und 1992 eine ähnliche Präzision.
Darüber hinaus hat die NASA bei der Konzipierung der Sonde und der Mission dafür gesorgt, daß die Wahrscheinlichkeit eines Zusammenstoßes mit der Erde bei weniger als 1 : 1 000 000 liegt. So befindet sich die Sonde bis 7 Tage vor dem Vorbeiflug an der Erde auf einer Flugbahn, die ohne Korrekturmanöver die Erde um Tausende von Kilometern verfehlen würde. Diese Anflugstrategie macht es auch äußerst unwahrscheinlich, daß die Sonde durch unvorhergesehene externe Einwirkungen, wie ein durch Mikrometeoroiden geschlagenes Leck in einem Treib-stofftank, auf Kollisionskurs gerät.
Strahlungsgefährdung durch Plutonium-238
Es muß betont werden, daß eine Person, die Strahlung ausgesetzt ist, nicht automatisch an Krebs erkrankt. Menschen sind täglich Strahlung ausgesetzt, die hauptsächlich aus natürlichen Quellen in unserer Umwelt und in geringerem Maße aus künstlichen Quellen wie Röntgenstrahlen in der Medizin stammt. Diese Strahlenbelastung wird in der Einheit ,,Millirem" gemessen. Zu den natürlichen Strahlungsquellen gehören Radon, andere natürlich auf der Erde vorkommende radioaktive Stoffe, kosmische Strahlung und sogar gewisse radioaktive Stoffe, die natürlich im menschlichen Organismus vorkommen (siehe Abbildung unter Ziffer 1). Alle diese Strahlungsquellen tragen zu der sogenannten ,,Hintergrundstrahlung" bei. Im Laufe eines Jahres beträgt die durchschnittliche Strahlenbelastung eines Menschen durch die Hintergrundstrahlung insgesamt ungefähr 360 Millirem, wobei hiervon 300 Millirem aus der natürlichen Hintergrundstrahlung stammen (d.h. Radon, kosmische Strahlung, Gestein und Böden). In einem Zeitraum von 50 Jahren beträgt die Strahlenbelastung durch die natürliche Hintergrundstrahlung durchschnittlich rund 15 000 Millirem.
In der Forschung stützt man sich auf sogenannte Schätzfaktoren für gesundheitliche Auswirkungen, um Vorhersagen zu treffen, wieviele Menschen in einer strahlen-belasteten Population an Krebs sterben. Demzufolge steigt die Zahl der Todesfälle mit der Stärke der Strahlung. Je höher die Strahlung bei einer zahlenmäßig gleichbleibenden Population wäre, mit um so stärkeren gesundheitlichen Folgen müßte gerechnet werden. Beispielsweise ist die Bevölkerung von Denver in 500 Meter Höhe einer höheren jährlichen Strahlendosis ausgesetzt als Menschen, ie auf Meereshöhe leben. Die zusätzliche Strahlendosis aus kosmischer Strahlung rhöht die Belastung der Bewohner von Denver ungefähr um weitere 30 Millirem pro ahr. Unter Heranziehung des Schätzfaktors würde die Wahrscheinlichkeit esundheitlicher Auswirkungen in Denver aufgrund der zusätzlichen 30 Millirem leicht öher liegen als in einer vergleichbaren Stadt auf Meereshöhe.
Bei dieser Hochrechnungsmethode zur Abschätzung der Krebstoten wird öglicher-weise die Zahl der Todesfälle bei niedriger Strahlenbelastung überschätzt, a es Hinweise darauf gibt, daß eine tödliche Krebserkrankung nur ab einer indest-strahlenbelastung möglich ist. Der menschliche Organismus wäre ementsprechend in der Lage, eine kleine Zahl von durch niedrige Strahlenbelastung eschädigten Zellen zu reparieren. Die NASA legte bei der Cassini-Mission jedoch icht diesen neuen, sondern den konservativeren Ansatz zugrunde, demzufolge selbst ine sehr niedrige Dosis schädliche Auswirkungen hat.
In dem extrem unwahrscheinlichen Fall, daß Cassini wider Erwarten wieder in die rdatmosphäre eintritt und ein Teil des Plutoniumdioxids in der Atmosphäre reigesetzt wird, blieben die kleinen Plutoniumdioxidpartikel, die potentiell für den enschen gefährlich sind, über lange Zeit in den hohen Schichten der Atmosphäre nd würden sich dort verbreiten, bis sie nur noch in sehr niedrigen Konzentrationen orliegen; erst dann würden sie auf die Erdoberfläche, zum Großteil über den zeanen, niedergehen. Aufgrund ihrer geringen Löslichkeit würden sie sich bei rreichen der Oberfläche meist im Meer oder im Boden ablagern und keine Gefahr für ie Gesundheit darstellen. Der Großteil des freigesetzten Materials würde also nicht om Menschen eingeatmet. Der geringe Anteil, der eingeatmet werden könnte, würde ich weitgehend über die Erde verteilen. Deshalb würde die durchschnittliche trahlenbelastung über 50 Jahre weniger als 1 Millirem betragen. Diese geringe Dosis st gegenüber den 15 000 Millirem, denen ein Mensch (ebenfalls über 50 Jahre) im urchschnitt durch die natürliche Hintergrundstrahlung ausgesetzt ist, ernachlässigbar.
Zusammenfassung
RTGs gewährleisten den Betrieb von Raumfahrzeugen in großer Entfernung von der onne oder in Regionen, wo eine Stromversorgung aus Sonnenenergie nicht möglich st. In puncto Leistung, Zuverlässigkeit und Betriebsdauer sind sie bei Missionen zum ußeren Sonnensystem im Vergleich zu anderen Energiequellen unübertroffen und ind überdies äußerst sicher.
Die folgende Aussendung wurde von der Europäischen eltraumagentur ESA erstellt
Energiequellen bei den Missionen Rosetta und assini/Huygens
Vergleich zwischen Solargeneratoren und Thermoelektrischen
Radioisotopengeneratoren (RTGs)
Cassini ist eine wissenschaftliche Sonde der NASA, die die von der ESA entwickelte lanetensonde Huygens mitführt. Ziel der Cassini-Muttersonde ist der Saturn, ährend die Huygens-Tochtersonde zum Saturnmond Titan weiterreisen soll. Cassini urde 1997 gestartet und soll 2004 den Saturn erreichen. Als Energiequelle verwendet assini Thermoelektrische Radioisotopengeneratoren (RTGs).
Rosetta ist eine in Entwicklung befindliche Forschungssonde der ESA, die ebenfalls uf eine Reise in den fernen Weltraum geschickt wird. Sie soll 2003 starten und 2011 em Kometen Wirtanen erreichen. Als Energiequelle verwendet Rosetta Solarzellen.
Vor einigen Jahren wurde einem Ingenieur der ESA zugeschrieben, vorgeschlagen zu aben, daß die RTGs der Cassini-Sonde durch einen Solargenerator ersetzt werden önnten.
Zu diesem Zeitpunkt hatte die ESA gerade ein neues Programm zur Entwicklung von olarzellen für interplanetare, sonnenferne Missionen, den sogenannten ILT-Solarzellen (Low Intensity - Low Temperature) gestartet. Die Entwicklung war amals jedoch noch nicht so weit, sodaß zuverlässige Voraussagen über die eistungfähigkeit der Solarzellen möglich waren.
Das Problem beim Einsatz von Solarzellen bei interplanetaren Missionen besteht in er geringen Intensität der Sonnenstrahlung bei Entfernungen von mehrerenAstronomischen Einheiten (eine Astronomische Einheit (AE) entspricht der Entfernung der Erde von der Sonne) sowie der extrem niedrigen Temperaturen, der die Solarzellen bei diesen großen Entfernungen ausgesetzt sind.
Aus dem gegenwärtigen Entwicklungsprogramm ist eine Lösung für das ESA-Programm Rosetta hervorgegangen, die technisch gerade noch machbar ist.
Rosetta wird sich in eine Entfernung von bis zu 5,5 AE (825 Millionen Kilometer) von der Sonne begeben und benötigt in dieser Entfernung eine elektrische Leistung von rund 300 Watt. Zur Erzeugung dieser Leistung ist ein Solargenerator mit einer Fläche von rund 60 m2 erforderlich. Die voraussichtliche Umgebungstemperatur beträgt -125 °C bei einer Entfernung von 5,5 AE und +80 °C beim Start. Aufgrund des heutigen Entwicklungsstandes können diese Anforderungen mit beitseitig montiertenSolargeneratoren erfüllt werden, die jeweils aus fünf faltbaren Sonnenzellenpaneelen mit einer Gesamtfläche von 62 m2 bestehen, was jedoch an die Grenzen der Mechanik stößt.
Zur Versorgung der Cassini-Sonde auf ihrer Saturnumlaufbahn in einer Entfernung von 10 AE (1500 Millionen Kilometer) von der Sonne müssen rund 650 Watt Leistung erzeugt werden. Theoretisch würden hierfür bei einer Weiterentwicklung der gegenwärtigen LILT-Technologie Solarzellengeneratoren mit einer Fläche von über 350 m2 und einem Gewicht von über einer Tonne benötigt. Das Verstauen und spätere Entfalten einer so riesigen Solarzellenfläche sind mit den heutigen Trägerraketen und der gegenwärtigen Solargeneratorentechnologie jedoch nicht machbar.
Für weitere Auskünfte
wenden Sie sich bitte an:
ESA-Paris (Frankreich):
Franco Bonacina, Tel:+33 01 53 69 77 13, e-mail: fbonacinhq.esa.fr
In ESA-ESTEC (Niederlande):
Fulvio Drigani, Tel:+31 71 565 46 04, e-mail: fdriganiestec.esa.nl
Nico de Boer, Tel:+31 71 565 35 09, e-mail: ndeboerestec.esa.nl
In ESA-ESOC (Deutschland):
Jocelyne Landeau-Constantin Tel:+49 6151 90 2696, e-mail:
jlandeauesoc.esa.nl
In ESA ESRIN (Italien):
Simonetta Cheli Tel:+39 6 94 350, e-mail: scheliesrin.esa.it